Spahns Gesetzesentwurf entspricht nicht der UN-Behindertenrechtskonvention

Das Bundesministerium für Gesundheit will durch das Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG) die Versorgung von Beatmungspatienten reformieren.

Eine standardmäßige Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen oder in Intensivpflege-Wohneinheiten soll zur Verbesserung der Versorgung beitragen. Denn die Qualitätssicherung bei der ambulanten Versorgung beatmeter Patienten sei nicht gegeben, so Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Außerdem soll Fehlanreizen im Gesundheitssystem entgegengewirkt werden. Derzeit ist die ambulante Intensivpflege mit geringeren Zuzahlungen verbunden als die stationäre. Gleichzeitig ist die Betreuung zu Hause mit höheren Kosten für die gesetzlichen Krankenkassen verbunden, denn ambulant entsteht ein Mehraufwand an Personal. In Zukunft sollen die Zuzahlungen für die Heime stark gesenkt werden und die ambulante Betreuung nur noch in Ausnahmefällen z.B. für Minderjährige möglich sein.

In manchen Fällen ist eine dauerhafte Beatmung gar nicht notwendig. Laut dem Gesetzentwurf soll das Leben im Heim die Patienten dabei unterstützen von der Beatmung entwöhnt zu werden.

 

Die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Pflege & Gesundheit, DIE LINKE Erlangen, Fabiana Girstenbrei bemängelt allerdings: „Der Minister stellt hier die Qualitätssicherung in den Vordergrund, dabei geht es ihm hauptsächlich um  Kosteneinsparungen. Der Bereich Gesundheit und Pflege betrifft uns alle. Er ist eine der wichtigsten Säulen der Gesellschaft. Hier darf nicht zu Lasten der Menschen gespart werden.“ DIE LINKE Bundestagsfraktion sieht in der derzeitigen Form des Gesetzesentwurfes einen Eingriff in die freie Wahl des Wohnortes und in das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Menschen. Laut dem gesundheitspolitischen Sprecher der Fraktion DIE LINKE Harald Weinberg seien hohe Versorgungsstandards sowohl ambulant als auch stationär, mehr gut bezahlte Fachkräfte und Investitionen für wohnortnahe Angebote sowie ein echtes Mitentscheidungsrecht der Betroffenen nötig. Über eine wirklich solidarische Kranken- und Pflegeversicherung sei all das auch finanzierbar, so Weinberg weiter.

Starke Kritik erntet Spahn ebenfalls von Behindertenverbänden:

„Menschen mit Behinderungen sollen nun den Preis für eine verschleppte Qualitäts- und Ausbildungsoffensive zahlen. Die Erkenntnis, dass es Engpässe bei der Versorgung und einen Mangel an Qualität bei der Intensivpflege gibt, ist richtig. [...] Herr Spahn [lagert] behinderte Menschen einfach aus – in Spezialeinrichtungen, in denen weniger Personal pro Betroffenen zur Verfügung steht und ein gesellschaftliches Leben nicht mehr möglich ist.“ Laut der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Bundesregierung dazu verpflichtet auf eine inklusive Gesellschaft hinzuarbeiten.

Das frühe Aufgeben der Zeit- und Personal-intensiven Entwöhnungsversuchen resultiere außerdem vor allem aus nicht-vorhandenen Strukturen und dem Personalmangel auf den Intensivstationen, schreibt das deutsche Ärzteblatt. Es ist also kaum anzunehmen, dass stationär mehr Möglichkeiten zur Entwöhnung geschaffen würden.